17 Leistungsabzeichen und 6 Vereinsmeister im Segelkunstflug auf einen Streich

Ein Bericht von Michael Zistler


4 x Gold, 5 x Silber und 8 x Bronze lautete der Medaillenspiegel am Ende des Nagoldtalcups 2001 im Segelkunstflug. Dazu wurden sechs neue Vereinsmeister im Segelkunstflug der teilnehmenden Vereine ermittelt. Nur über die Pokale, da freuten sich diesmal andere. Doch dazu später mehr.

Bereits zum zweiten Mal hat der Nagolder Flugsportverein durch Initiator und Wettbewerbsleiter Michael Zistler zum Nagoldtalcup im Segelkunstflug eingeladen. 18 Teilnehmer und 1 Teilnehmerin aus allen Winkeln Deutschlands waren zum sportlichen Kräftemessen in den Schwarzwald angereist. Bis Bückeburg und Lörrach, über Kassel und Idar-Oberstein hatte es sich herumgesprochen, daß hier ein Segelkunstflugwettbewerb vom Feinsten stattfinden soll.

Die meisten haben den Brückentag genutzt und sind schon am Donnerstag mit ihren Kunstflugzeugen angereist. Eine bunte Flotte von Salto, B4, Lo 100, ASK 21 und FOX fanden für vier Tage in der Nagolder Halle eine neue Heimat. Die von Michael Zistler verfassten und erläuterten „10 Gebote“ bildeten die sportliche und kameradschaftliche Grundlage für die Veranstaltung, bei der wirklich jeder auf seine fliegerischen Kosten kam. Als Ziel wurde neben dem rein sportlichen Wettbewerb einheitlich festgelegt, die Akzeptanz unserer Disziplin in den Flugsportvereinen zu erhöhen und eine gute Visitenkarte für die Kopp-Über-Fliegerei abzugeben. Vielen Dank an alle, die sich durch Ihre Mitarbeit und Teilnahme eingebracht haben, dieses Ziel wurde 100%ig erreicht.


Erstmalig wurde auch ein Theorieunterricht in zwei Teilen angeboten: Michael Zistler referierte über die Voraussetzungen und das Umfeld, das zum Gelingen von zielgerichtetem Vereinssegelkunstflug notwendig ist. Er erklärte dies anhand dem Beispiel einer erfolgreichen Interessengemeinschaft mit den benachbarten Vereinen. Andris „Pinguin“ Kade, amtierender deutscher und schweizerischer Meister der Aufsteigerklasse, gab kompetent Auskunft über das gesamte Regelwerk. Bewertungskriterien, Koeffizienten, Reichhaltigkeit, Ausführung von Figuren waren die Inhalte seines Vortrages. Vor allem seine Empfehlungen für die Zusammenstellung von wettbewerbstauglichen Küren sorgte für viele AHA-Effekte. Die meisten Wettkämpfer haben daraufhin die Geschichte ihrer Küren neu geschrieben. Auch hier hat Pinguin wieder geduldig mitgeholfen, wofür ihm herzlich gedankt sei.

Bei bestem Wetter wurde am Samstag nochmals ein kurzes gemeinsames Briefing abgehalten. Das Missverständnis, ob mit 08.00 Uhr jetzt UTC oder lokale Zeit gemeint war, wurde schnell dadurch aufgeklärt, dass Verantwortliche erst um 09.00 Uhr erschienen sind. Gestartet wurde dann sofort mit dem ersten Durchgang, der Bekannten Pflicht. Die war von Zistler so ausgelegt, daß für alle etwas dabei sein sollte. Rolle von-in-Rücken, Rollenkreise, geachtelter Turn auf/ab und Rückenkreise hießen die Knackpunkte. Insgesamt mussten die Kämpfer vier Richtungsänderungen um jeweils 90 Grad navigatorisch innerhalb der Box bewältigen. Zum Schmunzeln war am Schluß, daß es auch den Urheber der Kür fast mit zwei Nullen erwischt hat: Wer anderen eine Grube gräbt....

Als zweiter Durchgang wurde die Kür geflogen. Nach den geltenden Regeln wurden diese Programme von der hochkarätigen Jury überprüft. Landestrainer und DM-Schiedsrichter Werner Gühring, WM-Schiedsrichter Steff Hau und Chefansager Dirk Lohmann gaben schließlich grünes Licht und bewerteten die Aufzeichnungen am Himmel mit ihren kritischen und sachverständigen Augen. Ihre Benotungen wurden ohne Einspruch akzeptiert, alle waren dankbar für die erhaltenen Trainingsanregungen. Die Programme waren recht anspruchsvoll und reichten von 160 bis 220 K. Viele flogen ihre Lieblingsprogramme, die dann auch bei den Landesmeisterschaften in Idar-Oberstein vorgeführt werden sollen. Also ein idealer Trainingseffekt unter Wettbewerbsbedingungen. Ganz böse erwischte es allerdings den Herrenberger Thomas Brückelt, dem es den „Programmvogel“ rausgehauen hat: Er vergass eine Umkehrfigur und handelte sich dadurch gleich fünf Nullen ein. Welcher Lerneffekt! Selbst Meister Pinguin fiel die Umstellung von der B4 auf den FOX nicht leicht. Gleich drei Figuren konnte er wegen Höhenproblemen nicht mehr fliegen, was ihn mehr oder weniger gewurmt haben dürfte und einige Plätze am Ende kostete.

Einen besonderen Anreiz haben sich Schiedsrichter und Organisatoren für den dritten Durchgang, die unbekannte Pflicht, ausgedacht: Vorgestellt wurden die Programme für die neu geschaffenen Leistungsabzeichen und Bronze, Silber und Gold. Die Piloten durften sich nach den Erklärungen der Juroren dann entscheiden, was sie fliegen wollten. „D-4747, Pu fliegt in die Box, Programm BRAVO“ deuteten die Schiris dann als den Versuch eines Teilnehmers, das Bronzene zu probieren. Einer der wusste, daß er mit seinem Flug Gold geschafft hatte, klagte dann prompt über Funk über plötzliche, stechende Schmerzen in der linken Brusthälfte. (Vorher durfte er das Blech schon mal als Motivation probetragen). So kam es am Ende zu der wahren Medaillenflut, die sich die Sportler redlich verdient haben.

Eine kleine Überraschung und ein bischen Verwunderung gabs dann nochmals bei der Siegerehrung: Der olympische Geist wird viel geprießen und noch mehr wird er missbraucht. Immer werden die bestraft, für die schon das Teilnehmen viel bedeutet. Wer aus Sicherheitsgründen eine Figur weglässt, kriegt halt dafür keine Punkte. Eines der Zistler-Gebote lautet: Ehrgeiz und Motivation sind wichtig, „Hirnen“ ist verboten. Verkrampfen führt zu Fehlern, die böse ausgehen können. Aus diesem Grund überreichte Michael Zistler die Pokale in umgekehrter Reihenfolge. So durfte sich der Herrenberger Gerald Link als 19. Platzierter über den größten Topf freuen, Nagolds „Pu“ erhielt den mittleren und Bernd „Holzi“ vom Pfälzer Leistungskader reichte es verletzungsbedingt noch für den dritten Preis. Dies war jedoch auch für den Nagoldtalcup eine Ausnahme, quasi ein statuiertes Exempel für die Unverkrampftheit, was dann alle auch so hinnehmen konnten.

Die meisten Punkte erflog sich Phillipp Hilker auf Lo 100 aus Rheinland-Pfalz, der mit dem zweitplatzierten Michael Zistler auf über 4.000 Treffer kam. Auf den Plätzen folgen Oliver Braitmaier, Andris „Pinguin Kade“ und Rainer Phillipi.

Als besonders vorbildlich war die Öffentlichkeitsarbeit von Jens Minard und Michael Zistler organisiert worden. Insgesamt viermal berichtete die Lokalpresse, das SWR-Fernsehen sendete für die Landesschau und Radio Antenne 1 berichtete für die Zuhörer am Radio. Für den Segelflugsport und speziell unsere Disziplin Segelkunstflug ist mit dem Nagoldtalcup 2001 eine gute Visitenkarte abgegeben worden. Vielen Dank an alle Nagolder Organisatoren und Helfer, Herrn Bürgermeister Henle aus Haiterbach für die erneute Übernahme der Schirmherrschaft, die Wildberger Fliegerfreunde für die Unterstützung beim Schleppen und vor allem das Schiedsrichterteam für die Mitwirkung.

Wettbewerbe sind für die Weiterentwicklung einer Sportart unverzichtbar. Der Nagoltalcup hat gezeigt, daß auch unterschiedlich ambitionierte Piloten auf verschiedenen Niveaus in einer Veranstaltung angesprochen und motiviert werden können. Eine komplette Dokumentation hat Michael Zistler für interessierte Vereine zusammengestellt, Nachahmung ist also ausdrücklich erwünscht.

Vereinsmeister: FSV Herrenberg Oliver Braitmaier
Förderverein RPF Phillip Hilker
FSV Schwalm e.V. Andreas Vogel
FSV Bückeburg Andrea Lehmann
FSV Albstadt Martin Schick
FSV Nagold e.V. Michael Zistler