Nachfolgend
sind ein
paar wichtige Kunstflugfiguren beschrieben, welche Bestandteil der
meisten geflogenen Kunstflugprogramme sind.
Für
fast alle Kunstflugfiguren braucht man eine bestimmte
Anfangsgeschwindigkeit. Beim Motorflugzeug ist das kein Problem. Der
"Antrieb" eines Segelflugzeugs dagegen ist die Höhe, die der
Pilot durch einen mehr oder weniger steilen Gleitflug in die nötige
Geschwindigkeit umsetzt. Beim Segelkunstflug kommt es darauf an, mit der
verfügbaren Energie möglichst wirtschaftlich umzugehen. Da
"hartes" Fliegen unnötig Energie verzehrt, ergibt sich im
Idealfall ein Flugstil, der einerseits die möglichst präzise Ausführung
der Figuren gewährleistet, zugleich aber auch harmonisch und elegant
wirkt!
Damit
der Pilot sein Programm nicht auswendig lernen muß, gibt es als Hilfe
die Aresti-Symbole. Hinter jedem Aresti-Symbol verbirgt sich eine
Kunstflugfigur - jeder Pilot hat am Cockpit ein Klemmbrett, an das er
sein gesamtes Programm pinnen kann!
Looping
/ Loop
Aresti-Symbol:

Der
Looping (früher oft auch Überschlag genannt) ist wahrscheinlich die
bekannteste Kunstflugfigur und gehört zum Standardrepertoire beim
Kunstflug. Trotz der zumeist recht spektakulären Wirkung ist er verhältnismäßig
einfach zu fliegen ("Steuerknüppel am Bauch - im horizontalen Rückenflug
wird der Knüppel leicht nachgelassen - dann wandert er wieder an den
Bauch") und bringt in vernünftiger Ausführung auch keine übertriebenen
Belastungen (max. 3g bzw. 3-fache Lastvielfaches oder Erdbeschleunigung)
auf Flugzeug und Pilot.
(gesteuerte)
Rolle / slow roll
Aresti-Symbol:

Unter
einer Rolle versteht man eine Drehung um die Flugzeuglängsachse entlang
einer (hoffentlich) geraden Linie. Die Anforderungen an die Koordination
sind nicht unbeträchtlich, was vor allem Einsteiger bei ihrer
Kunstflugschulung feststellen. Bewundernd blicken sie auf zu den
erfahrenen Wettbewerbspiloten, die diese Figur souverän meistern - bis
sie feststellen, daß eine Rolle mit einem Swift/einer Lo ein Klacks ist
im Vergleich zu der Schwerarbeit, einen Acro-Twin herumzuhieven.
Zeitenrolle
/ snap roll
Aresti-Symbol:

Will man seine Rolle noch etwas anspruchsvoller gestalten, kann man die
Rollbewegung zwischendrin stoppen. Die Anzahl der Unterbrechungen beim
Rollen (gerechnet für eine ganze Rolle mit 360°-Drehung) ergibt die
Bezeichnung: es gibt halbierte, gedrittelte, geviertelte und geachtelte
Rollen. In der Skizze ist eine "halbe geviertelte Rolle"
gezeigt...
Vor allem geviertelte Rollen sehen (meiner Meinung nach) recht
beeindruckend aus, während über gedrittelte Rollen Piloten und
Schiedsrichter fluchen: die 120°-Lagen sind saublöd zu erkennen und
damit auch bescheiden zu fliegen und zu bewerten.
Trudeln
/ Spin
Aresti-Symbol:

Zum Trudeln wird das Flugzeug im normalen Geradeausflug immer mehr
verlangsamt, bis die Überziehgeschwindigkeit erreicht ist. In diesem
Moment wird durch einen Seitenruderausschlag ein asymmetrischer
Flugzustand herbeigeführt, der die Strömung an einer Tragfläche zum
Abreißen bringt (einseitiger Auftriebsverlust). Die Maschine kippt ab
und wird durch die ungleichmäßig wirkenden Luftkräfte an den Tragflächen
auf eine Art Korkenzieherbahn gezwungen. Durch den hohen Widerstand
bleibt die Geschwindigkeit verhältnismäßig gering, und auch die
Belastung der Struktur hält sich in Grenzen. Je nach Flugzeugtyp und
Schwerpunktlage ist das Trudeln ein "stabiler" Flugzustand,
d.h. das Flugzeug macht auf seiner Korkenzieherbahn (ohne schneller zu
werden) lustig weiter, bis das Trudeln durch einen konsequenten (Seiten-)Ruderausschlag
beendet wird.
Turn
/ Hammerhead
>Aresti-Symbol:

Bei keiner Flugfigur macht es bei der Ausbildung mehr Spaß, vom Boden aus
zuzuschauen, wie beim Turn - und bei keiner Figur kann der ambitionierte
Einsteiger seine Kreativität besser ausleben. Dementsprechend
phantasievoll ist dann nachher auch die Bezeichnung des Kunstfluglehrers
für das, was er da gesehen hat: mißglückte Fahrtkurve, Judorolle, Gewürge,
Schulterwurf, Juchheirassa, u.v.m. Allerdings wird sich jeder
erfahrenere Kunstflieger hüten, allzusehr zu lästern - ist es doch in
der Regel nicht allzulange her, daß er auch mal wieder einen Turn
"verhaut" hat...
Für einen Turn nehme man genügend Fahrt auf, ziehe bis in den
senkrechten Steigflug, zeige idealerweise noch eine deutliche senkrechte
Linie und trete dann zum richtigen Zeitpunkt ins Seitenruder. Hat man
alles richtig gemacht, dreht das Flugzeug am Scheitelpunkt seiner Bahn
quasi auf einem Punkt um seine Hochachse und geht in den senkrechten
Sturzflug über, aus dem es dann nach einer schönen Linie wieder
abgefangen wird.
Männchen
/ Weibchen / Tail Slide
Aresti-Symbol:

Geht der Turn meist nur dann daneben, wenn man nicht genügend aufpasst, ist
das Männchen eine der beliebtesten Figuren, um im Wettbewerb "Nuller"
zu sammeln.
Eingeleitet wird es ebenfalls durch ein Ziehen in die Vertikale, dann läßt
man das Flugzeug so gerade wie nur möglich senkrecht aufwärts ausschießen.
Ziel ist es, nach dem Erreichen des Scheitels ein Stückchen erkennbar
zurückzufallen (vorzugsweise mehr als eine Flugzeuglänge) und dann zur
richtigen Seite umzukippen: fällt man auf den "Bauch", dann
handelt es sich um ein Männchen; fällt man auf den Rücken (wie in der
Skizze), wird es Weibchen genannt und ist eine andere Flugfigur. Die
Schwierigkeit dabei ist, dass man ab dem Scheitel so gut wie keinen
Einfluss mehr darauf hat, wie man fällt - hat man zuviel riskiert, schlägt
das Flugzeug verkehrtherum um und man hat mal wieder viele schöne
Wertungspunkte verloren. Wer auf Nummer sicher gehen will, der steigt
nicht genau senkrecht, sondern legt ein paar Grad in die gewünschte
Fallrichtung auf: lieber dieser unbedeutende Abzug als ein komplettes
Vermurksen bei zu großem Risiko...
Rollenkreis
/ Rolling turn
Aresti-Symbol:

Eine Figur, die für den Betrachter anfangs etwas verwirrend wirkt, ist der
Rollenkreis. Ziel bei dieser Figur ist es, bei einer Rolle zugleich eine
Richtungs-(Kurs-)änderung um einen bestimmten Winkel, meist 90°, zu
vollführen. "Kein Problem", wird da mancher Twin-Pilot sagen,
"passiert mir auch immer wieder...". So unrecht hat er da
nicht, leider ist dabei aber einerseits die Drehrichtung relativ zur
Richtung der Kursänderung vorgegeben, und andererseits muß diese
Richtungsänderung nach einer halben Rolle genau die Hälfte der Gesamtänderung
betragen. Um die Figur darüberhinaus von den Rollen-Erstversuchen von
Einsteigern abzuheben, muß das Ganze möglichst in einer konstanten Höhe
geflogen werden (was flugmechanisch strenggenommen gar nicht geht, also
muss "geschummelt" werden - der Schiedrichter kann halt nur
die Gleichmäßigkeit der Roll- und Gierbewegung beurteilen)
Quelle:
Martin Spieck
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